
Mutig, entschlossen und kompromisslos – so erkämpfte sich Ayhancan Güven von Manthey EMA in diesem Jahr den DTM-Titel. Mit einem denkwürdigen Überholmanöver wenige Meter vor dem Ziel holte sich der Porsche-Pilot auf dem Hockenheimring den Sieg und damit die DTM-Krone. „Dieser Titel bedeutet mir alles, für so einen Erfolg habe ich mein ganzes Leben gearbeitet. Als kleiner Junge hätte ich mir niemals vorstellen können, eines Tages DTM-Champion zu sein“, sagte Güven, der als erster DTM-Gesamtsieger aus der Türkei Motorsportgeschichte schrieb, nach der Pokalübergabe.
Schon beim Auftakt in Oschersleben ließ er keine Zweifel an seinen Ambitionen. Mit seinem ersten DTM-Sieg überhaupt setzte Güven gleich zu Saisonbeginn ein Ausrufezeichen. „Der Sieg hat sich unglaublich angefühlt. Nach dem Rennen war ich noch voller Adrenalin und konnte in der Nacht lange gar nicht einschlafen“, erinnert er sich. Es sollte der Beginn einer Saison werden, in welcher der 27-Jährige seinen Ruf als kompromissloser Kämpfer festigte. Denn nur ein einziges Mal ging Güven aus der ersten Startreihe in ein Rennen. Stattdessen musste er sich seine Erfolge auf der Strecke hart erarbeiten. Der gebürtige Istanbuler überholte, riskierte, kalkulierte – und bewies dabei stets Übersicht. Am Ende stehen beeindruckende fünf Siege in seiner Bilanz. Das gelang in der GT3-Ära der DTM zuvor niemandem.
Beim Finale in Hockenheim brachte Güven alle seine Stärken auf den Punkt. „Für mich war vor dem Rennen klar, dass ich im Auto auf keinen Fall irgendwelche Tabellenkonstellationen hochrechne. Ich wollte unbedingt den Sieg, um damit die Meisterschaft zu holen“, erklärt er. Als Marco Wittmann in der letzten Runde an Güven vorbeiging, drohte der Titeltraum auf dramatische Art zu platzen. „Mein Ingenieur sagte mir per Funk ‚Du musst gewinnen!‘ genau in dem Moment, als Wittmann mich überholte. Kurz darauf sah ich eine kleine Lücke und wusste, dass das meine letzte Chance ist.“ Güven konterte mit einem der spektakulärsten Manöver der DTM-Geschichte – danach folgte grenzenloser Jubel.
Direkt nach dem Überqueren der Ziellinie fiel Güven seinem Vater Hakan in die Arme. „Seit über 20 Jahren unterstützt er mich mit großer Hingabe. Mein Debütsieg in Oschersleben war für uns beide schon ein ganz besonderer Moment, aber dieser Titel übertrifft alles.“ Güvens Karriereweg verlief alles andere als gewöhnlich. Mit fünf Jahren saß er erstmals im Kart, gefördert von seinem Vater, der selbst Amateurrennfahrer war. Als Zwölfjähriger wechselte Güven ins Simracing und trat im weltweit größten Esports-Team mit den heutigen Formel-1-Stars Max Verstappen und Lando Norris an. „Beim Simracing habe ich eine Menge gelernt, aber die Erfahrung im echten Auto ist durch nichts zu ersetzen“, sagt er. Mit 17 kehrte der Youngster in den realen Motorsport zurück, gewann nationale Rennen in der Türkei und schaffte den Sprung in den internationalen GT-Sport. Sein Aufstieg verlief rasant: 2018 entschied er sowohl den Porsche Carrera Cup Benelux als auch den in Frankreich für sich. Seine Debütsaison im Porsche Mobil 1 Supercup im Rahmen der Formel 1 schloss Güven als Vizemeister und Rookie-Champion ab. 2021 folgte die Beförderung zum Porsche-Vertragsfahrer. Über Einsätze im internationalen GT3-Sport wie dem ADAC GT Masters gelang ihm der Sprung in die DTM. Mit dem Titel hat er nun den bisher größten Erfolg seiner Karriere erreicht.
Für den türkischen Rennsport ist Güven ist ein Aushängeschild. „Wir entwickeln gerade eine neue, großartige Motorsportkultur in der Türkei. Ich bin stolz darauf, der Erste zu sein, der diese Begeisterung auslöst“, sagt Güven, der in seiner Heimat unzählige Anhänger hat. Unter seinen Fans ist auch ein prominenter Topsportler: Mit dem zweifachen Superbike-Weltmeister Toprak Razgatlıoğlu verbindet Güven sogar eine enge Freundschaft. Der künftige MotoGP-Pilot gratulierte ihm unmittelbar nach dem Titel-Thriller per Videoanruf. „Ayhancan und ich kennen uns seit über zehn Jahren. Er hat mich schon öfter bei Rennen besucht und auch gemeinsam mit mir trainiert“, erzählte der BMW Motorrad Werksfahrer, als er bei der DTM am Nürburgring seinen Landsmann live vor Ort supportete.
Wer Ayhancan Güven erlebt, merkt schnell: In seinem Porsche 911 GT3 R ist er ein kompromissloser Racer, abseits der Rennstrecke dagegen ein Familienmensch durch und durch. Neben seinem Vater unterstützt ihn auch seine ältere Schwester, die als ausgebildete Psychologin für seine mentale Stärke sorgt. Ihr Mann ist Fitness-Coach und trainiert regelmäßig mit Güven. Seinen Ausgleich sucht er in anderen Sportarten. Als leidenschaftlicher Basketball-Fan zeigte er bei einem DTM-Medienevent 2023 mit dem Bundesligisten Niners Chemnitz, dass er auch mit dem Basketball zielsicher ist. Gemeinsam mit Center-Spieler Kevin Yebo und dem damaligen Chemnitzer-Kapitän Jonas Richter warf der Rennfahrer Körbe – und wusste durchaus zu überzeugen. Auch privat ist Güven im Glück: Im Juli verlobte er sich mit seiner langjährigen Freundin Lara, die ihn seit vielen Jahren zu Rennen begleitet.
Mit seinem DTM-Titel hat Ayhancan Güven nicht nur Motorsportgeschichte geschrieben, sondern auch bewiesen, dass sich mit Leidenschaft und Entschlossenheit selbst die größten Kindheitsträume erfüllen lassen – und die Historie der DTM dank eines epischen Schlussakts um ein außergewöhnliches Kapitel bereichert.
Text: ADAC Pressemitteilung

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