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BENDING THE ‘BOW: WIE EINE RENNFAHRERIN DAS MAXIMUM AUS KTMS X-BOW HERAUSHOLT

Eine 29-jährige Österreicherin beweist, dass KTM auch auf vier Rädern ganz vorn mitspielen kann, und dank des brandneuen KTM X-BOW GTX sollte sich die Welt des Auto-Rennsports darauf gefasst machen, in Zukunft von viel Orange überholt zu werden.

 

Als wir sie anrufen, ist Laura Kraihamer gerade unterwegs, was irgendwie stimmig wirkt. Obwohl wir uns sicher sind, dass Sie während unseres Interviews auf völlig legale Weise auf Österreichs Autobahnen unterwegs ist, können wir nicht anders, als uns vorzustellen, dass am anderen Ende der Leitung Vollgas gegeben wird.

 

Die Konversation ist dennoch entspannt und ruhig, genau wie die GT-Rennfahrerin selbst.

 

Wenn Kraihamer nicht gerade die Hälfte einer (normalen) Saison an zwei Rennserien und ausgewählten Langstrecken-Rennen teilnimmt, arbeitet sie an den Marketing-Kampagnen für den X-BOW. Keine andere KTM-Mitarbeiterin kennt sich mit diesem Produkt besser aus als sie; mit seinem Verhalten als Rennwagen, mit seiner Entwicklung und mit seiner Präsentation im Presse-Paket. Sie mischt überall mit.

Wie viele andere nahm auch Kraihamers Leidenschaft für Adrenalin im Kart-Sport ihren Anfang. Nachdem sie diesen Sport aufgrund von ausbleibenden Sponsorengeldern allerdings aufgeben musste, sah sie sich nach Alternativen um und fand nach einem Training im X-BOW eine neue Möglichkeit.

„Das war 2012“, erinnert sie sich. „Der X-BOW war ein Auto, das ich zum Spaß ausprobieren wollte. Ich verliebte mich aber schnell in ihn und fand einen Weg, in der X-BOW-Rennserie anzutreten; das erste Jahr war hart, aber ich feierte bereits in meinem zweiten Siege, was mich und KTM enger zusammenbrachte. Zu jener Zeit arbeitete ich für Audi. Je intensiver mein Renn-Engagement mit dem X-BOW aber wurde, desto stärker wurde meine Verbindung zu KTM. 2016 begann ich dann, für KTM zu arbeiten.“

 

Die Tatsache, dass sie im X-BOW Rennen fuhr, gab ihrer Marketing-Rolle einen besonderen Kick …

 

Du musst im Laufe der Jahre viele Änderungen am X-BOW mitgemacht und erlebt haben. Warst du eng in die Entwicklung eingebunden?

Ja, ich hatte die Ehre, in die Entwicklung der neuesten Modelle – des GTX und des GT2 CONCEPT – eingebunden zu sein. Reinhard Kofler, der andere Werksfahrer, hatte den allerersten X-BOW entwickelt und ich war direkt an seiner Seite. Er hat so viel Erfahrung, und ich konnte viel lernen. Wir haben im Laufe der ersten Tests viel Feedback und Informationen geliefert, was viel Detailarbeit bedeutete. Es ist unglaublich, wie viele Aspekte dabei abzudecken sind – viele davon würden einem normalerweise nie in den Sinn kommen.

 

Zum Beispiel?

Das ABS zum Beispiel. Es gibt 10 verschiedene Einstellungen, die sich prozentual unterscheiden, was kaum spürbar ist. Man muss das Auto wirklich sehr gut kennen … wenn du die Einstellung aber genau anpasst, kann das einen großen Unterschied machen. Das ist aber aufgrund des großen Detailgrades sehr schwierig. Es ist interessant und erfüllend, wenn du es so hinbekommst, dass der Kunde davon profitieren kann.

 

Bist du in den letzten Jahren mit vielen anderen Autos gefahren? Kannst du beschreiben, wie es sich anfühlt, einen X-BOW zu steuern? Viele Menschen kennen nur die Motorräder von KTM …

Ich begann mit 12 mit dem Kart-Sport, also relativ spät, und fuhr dort bis zu meinem 16. Lebensjahr. Wie schon erwähnt, entstand danach meine Beziehung mit KTM und dank meiner Siege im zweiten Jahr fahre ich seitdem eigentlich nur mehr X-BOWs. Außer im Jahr 2020. Wir hatten letztes Jahr kein Werksauto, da wir so viel mit den neuen Modellen zu tun hatten. Deshalb wurde mir gestattet, zwei TCRs zu fahren, um nicht einzurosten und etwas Spaß zu haben. Ich bin 2020 auch mit dem X-BOW gefahren, aber nicht die ganze Meisterschaft.

Wie es sich hinter dem Lenkrad anfühlt? Der X-BOW wurde definitiv für den Rennsport entworfen! Der größte Unterschied zu anderen Autos ist wahrscheinlich sein Gewicht. Der X-BOW GTX hat jetzt 530 PS und wiegt nur etwas über 1000 kg. Außerdem wuchtet er 650 Nm Drehmoment auf den Asphalt. Er hat brutal viel Power und ist auch in den Kurven enorm schnell. Er fährt sich wie ein echter Rennwagen. Die älteren Modelle – wie der X-BOW R und der RR – fühlten sich ein bisschen so an wie aufgeblasene, offene Karts: unverfälscht und fast einzigartig im Design. Die neuen GTX und GT2 CONCEPT machen einen Schritt nach vorn und bieten Servolenkung, ABS, Traktionskontrolle und Aerodynamik. Es handelt sich um waschechte Rennautos. Die älteren X-BOWs sind auf der Straße sehr schnell, da sie sogar noch leichter waren und keinerlei Assistenzsysteme hatten. Da musst du als Fahrer genau wissen, was du tust.

 

Du bist inzwischen bei vielen Rennen in verschiedenen Ländern und auf unterschiedlichen Strecken angetreten: Was halten die Leute im Fahrerlager vom X-BOW? Löst es Verwunderung aus, dass ein Motorrad-Hersteller ein Auto baut?

Als wir den X-BOW GT4 bei internationalen Rennen einsetzten, waren viele von der Performance des Autos überrascht. Es gewann sofort Rennen und Meisterschaften. Der GT4 ist ein waschechtes Rennauto, aber der GTX ist noch einmal aus einem ganz anderen Holz geschnitzt. Ich glaube, dass der GTX viele Rennfahrer beeindrucken wird. Ich habe jedenfalls noch kein negatives Feedback vernommen. Ich denke, dass es viel Überraschung auslösen wird, dass ein so kleiner Hersteller (wenn es um Autos geht) in so kurzer Zeit ein Auto mit einer solchen Performance entwickeln kann. Mit dem Prototypen haben wir das 12-Stunden-Rennen in Monza vor allen GT3-Autos angeführt. Abgesehen vom Rennfahren mit dem GTX kann ich die Fertigstellung des GT2 kaum abwarten. Dieser Voll-Karbon-Rennwagen – der nur 1.045 Kilo wiegt und um die 600 PS leisten wird – wird aktuell homologiert. Seine Power wird überwältigend sein.

 

Mit dem X-BOW GTX und dem GT2 CONCEPT setzt KTM ein beeindruckendes Statement. Es scheint so, als ob der X-BOW vor mittlerweile mehr als 10 Jahren als Spaß- und exzentrisches Nebenprojekt begonnen wurde, sich die Einstellung dazu innerhalb des Unternehmens aber allmählich ändert. Meint es KTM jetzt ernst?

Das Projekt hat sich sicher gewaltig weiterentwickelt und wir sind dem Unternehmen für die Unterstützung und all die Synergien, die wir nutzen konnten, dankbar. Anfangs bekam ich viele Nachrichten zu diesem Produkt und das Interesse war hoch. Als wir etwa die neuen Autos präsentierten, wurde mir mitgeteilt, dass wir mit dem X-BOW über die Social-Media-Kanäle eine größere organische Reichweite haben als mit irgendeinem anderen Produkt. Das war unglaublich! Ich glaube, dass viele Menschen erkennen, welche Anstrengungen KTM beim X-BOW unternimmt. Er ist kein Nebenprojekt, sondern etwas, an dem wir sehr hart arbeiten. Es ist nicht einfach, mit den Motorrädern zu konkurrieren, da wir eine ganz andere Zielgruppe und eine ganz andere Preiskategorie bearbeiten. Wir werden niemals so viele Einheiten verkaufen wie die Motorrad-Sparte. Trotzdem wird uns heute viel Respekt entgegengebracht.

 

Der X-BOW verwendet einen Audi-Motor. Ist es wie bei einem 2019er-Moto2™-Bike, bei dem KTM den Rahmen und andere Teile stellte? Welche Elemente des neuen X-BOW sind 100 % KTM?

Eine ganze Menge. Das Design, das Fahrwerk und die Aerodynamik werden komplett von KTM entwickelt. Natürlich gibt es ein paar Teile, die wir von Zulieferern beziehen. Und da das Auto so speziell ist, mussten wir viele Teile anpassen. Es gibt kaum ‚Standardteile‘. Das Lenkrad wird etwa vollständig von uns gefertigt. Wir werden nur etwa 100 Stück produzieren, was für uns und unsere momentanen Möglichkeiten schon recht viel ist. Wir sind also ein sehr spezialisierter Hersteller.

 

Zurück auf die Rennstrecke: Bei dir tut sich ja sehr viel …?

Ich würde sagen, dass ich zwischen 28 und 32 Wochenenden an der Rennstrecke verbringe. Ein Rennwochenende beginnt mit der Anreise am Mittwoch und endet mit der Abreise am Sonntagabend. Dann haben wir noch Testwochenenden und -tage. Ich muss flexibel sein und meine normalen Aufgaben sehr effizient erledigen! Ich organisiere viel von unterwegs und habe ein Team und Kollegen, die mich hervorragend unterstützen. Zwischen dem Rennfahren, Pendeln, Trainieren und meiner Arbeit bleibt mir nicht mehr viel Zeit für andere Dinge. Ich stehe um 5:30 Uhr auf, trainiere von 6 bis 7:15 Uhr und fahre dann zur Arbeit.

 

Welche Pläne hast du für 2021? In wie vielen Serien wirst du antreten?

Momentan ist geplant, dass ich in 2 Serien antrete. Dann gibt es noch welche, bei denen ich 1 oder 2 Rennen bestreiten werde. Das muss gut koordiniert werden und Überlappungen müssen verhindert werden. Glücklicherweise entscheide ich das nicht selbst. Ich bin in der glücklichen Lage, dass mir gesagt wird, wann ich wo fahren oder testen soll.

 

Klingt nach einem Traumjob, und noch dazu kannst du mit einem relativ neuen Rennauto fahren und dieses auch vermarkten. Wie lange hältst du diesen Rhythmus noch durch?

Das ist eine gute Frage. Ehrlich gesagt kostet mich das Ganze schon viel Energie und ich muss mit allen Vor- und Nachteilen des Rennsports leben. Aber wenn mir diese Aufgabe nicht so viel bedeuten würde, hätte ich den Rennsport schon vor langer Zeit aufgegeben. Solange ich diese Energie wieder zurückbekomme, werde ich auch weiterhin nur fünf Stunden pro Nacht schlafen! Nach einem Jahr wie diesem konnte ich sehen, wie es wäre, keine Rennen mehr fahren zu können, und das hat mich total fertiggemacht! Kein Scherz! Ich weiß, dass es sich hier um ein Luxus-Problem handelt, aber ich habe das Rennfahren wirklich vermisst. Ich hoffe, dass 2021 besser wird. Im Alter von 16 bis 22 Jahren konnte ich nicht viele Rennen fahren und kenne das Gefühl daher. Das will ich unbedingt vermeiden! Rennfahren ist einfach mein Ding.

 

Text: KTM Blog

Foto: Gruppe C Photography