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Motorsport auf Amateurniveau muss bald wieder stattfinden dürfen

Seit über 60 Jahren fördert der Deutsche Sportfahrer Kreis den Breitensport und Nachwuchs, kümmert sich um Sicherheit und die Umweltarbeit im Motorsport. In diesem Interview spricht der Präsident des Deutschen Sportfahrer Kreis, Dr. Karl-Friedrich Ziegahn, über die Zukunft des Motorsports im Allgemeinen und warum er fordert, dass der Motorsport auf Amateurniveau bald wieder möglich sein sollte.

 

Herr Dr. Ziegahn, aufgrund von Covid-19 sind bis auf Weiteres alle Rennsport- und andere Sport- und Großveranstaltungen verschoben bzw. abgesagt. Wie sieht der DSK die Entwicklung, insbesondere was den Amateurbereich und Breitensport angeht?

Europa und der überwiegende Teil der Weltgemeinschaft stehen seit mehreren Wochen still. Großveranstaltungen sind in Deutschland bis Ende August nicht möglich und momentan wagt kaum jemand eine Prognose, ob wir im Herbst wieder Zuschauer an den Rennstrecken sehen werden.

Was den Motorsport, und insbesondere den Amateurbereich mit kleinen Rallyes, Slalom, Bergrennen, Rundstrecke, Kart, Motocross oder Enduro betrifft, so hat der DSK hier eine ganz klare Haltung. Das sind keine Großveranstaltungen und meistens nur mit einer Handvoll Zuschauer. Der DSK fordert deshalb als Vertreter des Breitensports eine zeitnahe Startfreigabe. Die Sportministerkonferenz in Deutschland hat bereits über schrittweise Wiederaufnahme des Sportbetriebs beraten. Hierbei wurde festgestellt, dass im Breiten- und Freizeitsport – gleichermaßen für alle Sportarten – der Trainingsbetrieb wieder erlaubt werden soll, sofern die Sportangebote an der „frischen Luft“ stattfinden und die üblichen Abstands- und Hygienemaßnahmen eingehalten werden können.

Das können wir im Motorsport und beim Freien Fahren des DSK gewährleisten, denn wir sitzen üblicherweise allein oder zu zweit im Fahrzeug, tragen unter dem Helm einen Mundschutz und halten die Abstandsregeln ein. Wir fordern also von der Politik, dem Amateur-Motorsport möglichst bald wieder grünes Licht zu geben.

 

Auch schon vor der aktuellen Gesundheitskrise gab es viele Diskussionen um die Zukunftsfähigkeit des Motorsports. Zu teuer, zu hohe CO2-Emissionen, Verherrlichung von Raserei sind nur einige Argumente der Gegner. Was ist Ihre Antwort darauf?

Zunächst ist Motorsport einfach ein Leistungssport, wie Skirennen oder die Tour de France. So gesehen ist jeder Leistungssport unnötig, denn er dient nicht dem Überleben der Menschheit. Es gibt aber einen Wunsch in unserer Gesellschaft, Leistungssport zu betrachten und Akteure, also Leistungssportler, die ihre Fähigkeiten mit anderen messen möchten.

Die Zukunftsfähigkeit des Motorsports beruht vor allem auf seinem Potential, sich als technisches Labor weiterzuentwickeln. Auch die Ingenieurstechnik ist ein Wettbewerb. Neue Ideen lassen sich im Motorsport am schnellsten auf ihre Tauglichkeit bewerten.

Ingenieure im Motorsport sind es gewöhnt, in kürzester Zeit neue Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Als ganz konkretes, aktuelles Beispiel gibt es hier den Zusammenschluss der sieben, in Großbritannien ansässigen Formel 1-Teams, die ihre Ressourcen gebündelt haben, um bestehende Atemgeräte zu verbessern und neue, weniger invasive zu entwickeln. Dabei gab es innerhalb von nur wenigen Tagen bereits erste Erfolge.

 

Wie sieht es mit Entwicklungen im klassischen Automobilbereich aus, z.B. bei umweltfreundlichen Antriebstechnologien?

Wir sehen im Moment in der Fahrzeugtechnik eine Vielfalt an Antriebstechnologien und das ist gut so. Die Motorsportindustrie wird die Systemfrage nicht entscheiden, aber sie wird innovativen Konzepten eine Bühne bieten. Aus meiner Sicht ist es letztlich unerheblich, ob mit elektrischen Antrieben, Wasserstoff oder synthetischen Kraftstoffen gefahren wird.

Die Motorsportbranche hat mit einem vielfältigen Angebot auf diese Herausforderungen reagiert und sich durch ihre hohe Effizienz in der Antriebstechnologie sogar zu Vorreitern entwickelt. Dies geschieht zudem in den verschiedensten Serien. Die Formel 1 bleibt hier natürlich die Königsklasse, aber auch in der Formel E und sogar in kleineren Serien wie dem Opel E-Rallye-Cup werden Technologien entwickelt und eingesetzt. Damit wird der Motorsport einem nachhaltigen Leitbild gerecht.

 

Wieso scheint die allgemeine gesellschaftliche Akzeptanz für Motorsport dennoch zu sinken?

Die gesellschaftliche Akzeptanz baut nicht auf technischen Fakten, sondern auf Emotionen und gefühlten Meinungen auf. Als Präsident des Deutschen Sportfahrer Kreis sehe ich uns in der Verantwortung, unseren 13.000 Mitgliedern, die zum großen Teil aktive Sportfahrer und Motorsportler sind, mit Hinweisen und technischen Ratschlägen, aber auch mit einem Dialog in der Gesellschaft auf den Weg in die Zukunft des Motorsports zu begleiten.

 

Das Motto des Deutschen Sportfahrer Kreis heißt ‚Ja zum Motorsport‘. Wie tragen Sie als DSK aktiv dazu bei, damit es auch in Zukunft noch Motorsport gibt?

Nachhaltiger und klimaneutraler Motorsport wird auch dann noch faszinieren, wenn wir im öffentlichen Straßenverkehr schon lange nicht mehr selbst steuern. Der Reitsport (und viele andere Sportarten) geben uns dafür Beispiele, dass für den Alltagsgebrauch ausrangierte Mobilitätssysteme und Fähigkeiten als Sport ‚überleben‘ und sogar boomen können.

Voraussetzung dafür ist, dass wir Akteure im Motorsport uns aktiv mit gesellschaftlichen Entwicklungen befassen, nicht in verkrusteten Ideologien verharren. Ich kenne viele Jugendliche, die im Renn-Simulator oder an der Rennstrecke viel Spaß haben. Aber wir werden sie verlieren, wenn wir nicht glaubhaft zeigen, dass uns die Zukunft der Erde ein wichtiges Anliegen ist. Ich bin optimistisch, dass uns das gelingt und der DSK wird dazu beitragen.

 

Text und Bild: DSK Pressemitteilung